Dezember 2019

Wie Bäcker mit übrig gebliebenen Backwaren umgehen (Auszug des RNZ-Artikels vom 9.10.2019)


Bäcker müssen einen schmalen Grat meistern: Die Kunden hätten am liebsten den ganzen Tag eine große Auswahl, aber Lebensmittelverschwendung will natürlich auch keiner.


Region Heidelberg. (cm/aham/lew/luw/bmi) Die Deutschen sind immer noch vernarrt in ihr Brot und ihre Brötchen. Es gibt kaum Haushalte, in denen der Esstisch ohne Backwaren auskommt. Doch was passiert mit all den Semmeln, Seelen, Brezeln und Kuchen, die zwar gebacken wurden, aber nicht über die Verkaufstheke gegangen sind? Die RNZ hat sich anlässlich der Aktionswoche "Lebensmittelretter - neue Helden braucht das Land" des baden-württembergischen Verbraucherschutzministeriums bei Bäckern in der Region rund um Heidelberg umgehört.


> Die Bäckerei Steigleder in Neckarsteinach gibt ihre nicht verkaufte Ware an die Neckargemünder Tafel, deren Mitarbeiter dienstags und freitags zur Abholung vorbeikommen. Dazu gehören neben Brot und Brötchen auch zuvor eingefrorene süße Backware, wie Rosi Steigleder erzählt, die die Bäckerei mit ihrem Ehemann betreibt. "Viele Brötchen verarbeiten wir außerdem zu Weckmehl, das wir dann verkaufen", sagt sie. Insgesamt sei die Menge der wiederverwerteten Backware sehr hoch. Jedoch sei jeden Tag aufs Neue "kaum zu kalkulieren", wie viel man backen müsse, um die Nachfrage genau zu erfüllen.


> Bei der Bäckerei Schneider in Gaiberg meint Verkaufsleiterin Gitta Stadler: "Jeden Abend ausverkauft wäre natürlich das Beste, aber das lässt sich schwer machen. Wir bieten unseren Kunden ab 17 Uhr vergünstigte Backwaren an und was dann übrig bleibt, geht an die Neckargemünder Tafel." Und weiter: "Außerdem gibt es bei uns im Ort noch ein paar hungrige Schweinchen und Hühner, die sich auch ab und an über trockene Brötchen freuen."


> Die Bäckerei Hünnerkopf in Neckargemünd gibt ebenfalls einen Teil ihrer Ware an die Neckargemünder Tafel. Junior-Chef Johannes Hünnerkopf ergänzt: "Bei uns gibt es noch ein paar Leute, die Ziegen oder Schweine im Garten haben. Die kommen vorbei und holen sich alte Backwaren ab." Vieles könne zudem weiterverarbeitet werden: Aus trockenen Brötchen werde Weckmehl, auch süße Teilchen könnten getrocknet und gemahlen werden. Die süßen Brösel würden dann unter anderem zur Ergänzung von Nussfüllungen dienen. Ein Vorteil bestehe darin, dass sie schon einmal stärkegebunden waren und sich so zum Binden von Wasser in der Füllung gut eignen.


> Bei der Holzofenbäckerei Emert mit Hauptgeschäft in Leimen-Gauangelloch und Filialen in Lobbach-Lobenfeld, Meckesheim und den Neckargemünder Stadtteilen Dilsberg und Waldhilsbach hängt die Resteverwertung vom Tag ab. "Ich habe meinen Weg gefunden", sagt Bäcker Volker Emert. Dass etwas übrig bleibt, lasse sich zwar nicht vermeiden. "Es gibt nichts Unregelmäßigeres als den Verkauf." Torten würden daher nur auf Bestellung gemacht, süße Teile und Brote am nächsten Tag zum halben Preis verkauft.

Montags werden die Reste zu Bröseln und Knödelbrot verarbeitet. Dienstags und Freitags wird die Neckargemünder Tafel versorgt und donnerstags die St. Ilgener Tafel. Zudem kommt zwei- bis dreimal die Woche ein Bauer und füllt bis zu zwei große Tonnen, um sie an Kühe und Schweine zu verfüttern. Was der Tafel gespendet und was den Tieren verfüttert wird, entscheidet der Chef selbst. "Ich lege Wert darauf, dass die Tafeln kein trockenes Zeug kriegen", so der 68-Jährige.


> Bei der Bäckerei Dussinger in Meckesheim mit Filialen unter anderem in Mauer, Bammental und Neckargemünd landet "nichts in der Tonne", wie deren Chef Andreas Dussinger sagt. Ein Teil der übrig gebliebenen Backwaren wird von der Neckargemünder Tafel abgeholt, aus weißen Brötchen werden Weckmehl sowie Knödelbrot gemacht - und was dann noch übrig bleibt, holen Bauern für ihre Tiere ab. In der Regel würden von der Tagesproduktion maximal 15 Prozent nicht verkauft. Die Bäckerei erfasst mit einem System die Verkäufe in den einzelnen Filialen, um die Produktionsmenge zu optimieren.