In den Tafelläden der Region wird niemand abgewiesen. Von Anja Hammer - 28.2.2018


Fast jeder vierte Tafel-Nutzer ist ein Flüchtling – In Neckargemünd und Leimen ist die Herkunft egalZweimal in der Woche können Bedürftige in der Neckargemünder Tafel einkaufen.

Rita Hütter weiß nicht, was passieren müsste, dass sie jemanden wegschickt. Für die Vorsitzende der Neckargemünder Tafel steht fest: "Bedürftig ist bedürftig - egal, woher jemand kommt." Ihre Kollegin aus Leimen sieht es ähnlich: "Bei uns sind alle gleich - egal welcher Herkunft, welcher Religion oder welcher Hautfarbe", sagt Sabine Kuhn, erste Vorsitzende der St. Ilgener Awo, die den Leimener Tafelladen betreibt. Dass es bei ihnen einen Aufnahmestopp für Migranten gibt, wie jüngst bei der Essener Tafel geschehen, schließen beide kategorisch aus. "Da könnte ich nicht ruhig schlafen", sagt Rita Hütter.


Die Neckargemünder Tafel betreibt drei Läden: Der Hauptladen in Neckargemünd sowie die zwei Zweigstellen in Bammental und Schönau haben zweimal in der Woche geöffnet; dort erhalten Bedürftige günstig Lebensmittel. Der Flüchtlingszustrom der letzten Jahre macht sich auch dort bemerkbar: "Wir brauchen 25 Prozent mehr", berichtet Rita Hütter. "Aber wir können das noch gut stemmen." Es seien vor allem Flüchtlingsfamilien, die die Tafelläden nutzen, nicht aber die Bewohner von Gemeinschaftsunterkünften: "Die Männer aus der Walkmühle und der Kriegsmühle kommen nicht", so Hütter.


Der Leimener Tafelladen hat zweimal in der Woche jeweils drei Stunden geöffnet. So werden rund 1600 Leimener und Nußlocher versorgt. Die Flüchtlinge machen inzwischen 20 Prozent aus, sagt Sabine Kuhn: "Wir können das noch steuern." Was sie damit meint, ist die Aufteilung der Lebensmittel. Wenn der Laden in St. Ilgen geöffnet werde, wissen die Helfer genau, wie viel da ist. "Dann gibt es Obst und Gemüse eben nicht unbegrenzt", erläutert Kuhn.


Beide Tafeln nutzen ein Farbsystem. Damit werden die Einkaufszeiten der Tafel-Nutzer geregelt. Um eine Gleichberechtigung zu schaffen, wechseln die Zeiten, sodass jeder mal als erstes an der Reihe ist. "Am Anfang gab es Streit zwischen Deutschen und Flüchtlingen", erinnert sich Sabine Kuhn. Doch mittlerweile würden alle das Prozedere kennen.


Auch Rita Hütter von der Neckargemünder Tafel berichtet, dass sie anfangs Deutsche und Flüchtlinge getrennt eingeteilt habe. Doch das sei mit der Zeit zu aufwendig geworden. Zwar würden nun manche Deutsche nicht mehr kommen, die sich zuvor beschwert hätten à la "Was die Ausländer alles kriegen und wir nicht". Doch wenn sie deshalb nicht mehr kommen, "dann haben sie unsere Hilfe auch nicht nötig", ist Hütter überzeugt.


Sie selbst hat überwiegend gute Erfahrungen mit den Asylbewerbern gemacht. Zwei Syrer helfen ihr beispielsweise freiwillig. Eine weitere nette Anekdote: Neulich habe ein anderer Syrer Steckrüben mitgenommen; daraufhin habe sie ihn gefragt, wie er diese zubereite. "Und am nächsten Tag hat er mir ein Glas davon mitgebracht", erzählt Hütter.


In beiden Tafelläden beobachten die Helfer kulturelle Unterschiede beim Füllen des Korbes. "Die Ausländer holen mehr Salat und frisches Gemüse", so Hütter. "Und die Deutschen neigen eher zu Vorratskäufen", ergänzt Kuhn.